Das Spannungsverhältnis zwischen Deutschland und Frankreich seitdem Entscheidungsjahr 1871 hatte eine kriegerische Vorgeschichte, die bis in das 17. Jahrhundert zurückreichte. Diese gehörte zum Hintergrund der politischen Entwicklungen, die
1870 (Objekt Nr. 112) und noch
1914 (Objekt Nr. 117) und 1939 zum Kriege führten. Starke Komponenten zweier Geschichtsbilder waren sich begegnet: Das Trauma der deutschen Nationalbewegung gegenüber einem neuerlich machtpolitisch und territorial an und über den Rhein drängenden Frankreich und die französische Furcht vor einer dominierenden Macht im Osten. So richtig und unrichtig wie alle liebgewordenen Projektionen erwies sich der von Pariser Intellektuellen gepflogene Gedanke, daß im Süden Deutschlands eine besondere kulturelle Neigung zu Frankreich vorhanden sei. Für die süddeutschen Katholiken war aber Frankreich das Land des Umsturzes und der modernen Ungläubigkeit. In Beamtenschaft und Heer Bayerns waren 1870 die Erinnerungen an das Bündnis mit Napoleon I. noch nicht völlig verschwunden, aber nach zwei Menschenaltern eingeschmolzen in einem neuen nationalen Selbstverständnis, dessen Wegweiser auf dem rechten Rheinufer standen. Der Friedensschluß von Frankfurt von 1871 bedeutete andererseits für das französische Selbstbewußtsein eine Demütigung. Die Vorgänge im von 1918 bis 1930 von den Siegermächten besetzten Rheinland, das von Frankreich als Sicherheitskordon angesehen wurde, fanden im rechtsrheinischen Bayern besondere Anteilnahme. Es handelte sich dabei auch um eigenes Staatsgebiet. Die Gegnerschaft der Pariser und Münchener Politik in der Pfalz dokumentiert hier am deutlichsten die französisch-deutsche Krisengeschichte. Am Versailler Vertrag bemängelte ein Teil der französischen Öffentlichkeit, daß erden deutschen Einheitsstaat anerkannt und sogar noch gefördert habe; diese Kräfte machten die Räumung des linken Rheinufers im
Juni 1930 (Objekt Nr. 127) noch für den Siegeszug des Nationalsozialismus verantwortlich. Die Geschichte einer eigenständigen bayerischen Streitmacht war 1920 zu Ende. Seit 1929 entstanden im Elsaß und in Lothringen die Anlagen der Maginot-Linie, im Sommer 1938 wurde in der Pfalz mit dem Bau des Westwalls begonnen. Beide Linien konnten 1940und 1944/45 Angriffe nicht aufhalten. Seit Juni 1940 waren die
Kriegsgefangenenlager der Wehrkreise VII (München) (Objekt Nr. 129) und XIII(Nürnberg) kürzere oder längere Unterkunft für weit über hundert-tausend französische Soldaten. Viele der Kriegsgefangenen beider Seiten wurden später zu Fürsprechern der Verständigung. Ein kleiner Teil Bayerns war dann nach 1945 Teil der
Besatzungszone (Objekt Nr. 133) der Französischen Republik.
© 2006, Montgelas-Gesellschaft zur Förderung der bayerisch-französischen Zusammenarbeit e.V.; München/Paris; ISBN: 3-939395-01-3